06.08.2007, 20.15 Uhr
Emil Nolde (1867-1956) liebte die Urzustände der Natur: Himmelhoch aufgetürmte Wolkenberge versetzten den Maler ebenso in Verzückung wie sturmgepeitschte Gischtkämme der Nordsee. Ob bleierne Gewitterwolken, Überschwemmungen oder die leuchtenden Farbspiele der Sonne am Himmel – Emil Nolde malte allzu gern das Wetter in Extremsituationen: Mal scheint ein glutroter Sonnenuntergang von Noldes Südseegemälden unter der Hitze der gemalten Abendsonne zu zerfließen, mal glaubt man, die Schneekristalle in Noldes frostigen Winteraquarellen der Schweizer Berge glitzern zu sehen.
Doch auch eine friedliche daliegende Landschaft konnte die Fantasie dieses großen expressionistischen Malers aufwühlen: „Ich stand und malte zwei Häuser“, schreibt Emil Nolde in einem Brief, „die im Abendtrüb liegen, friedlich hinter den Dünen. Es begann zu wehen, die Wolken wurden wild und dunkel; es wurde Sturm und der graue Sand wirbelte hoch, hin über die Dünen und die kleinen Häuser. Ein rasender Sturm – da plötzlich trieb ein machtvoller Pinsel durch das Leinen – der Maler kam zu sich, er sah sich um, es war immer noch die stille, schöne Abendstunde, nur er selbst war so hingerissen rasend geworden und hatte sich hineingelebt in diesen Sturm.“
(Jörg Garbrecht)