„Heute Nachmittag wiederfährt meinem niedern Strohdach die Ehre, dass Thomas Mann unter ihm weilt“, schrieb Siegfried Jacobsohn, Herausgeber der international renommierten Berliner Wochenzeitung „Weltbühne“ 1922 an seinen Freund Kurt Tucholsky. „Der alte Waterkantler hatte die Insel nicht gekannt und ist so erschlagen, dass er sofort entweder ein Friesenhaus oder Terrain kaufen will.“ Hat er dann zwar doch nicht, aber als begeisterter Sommerfrischler kam er immer wieder nach Sylt.
„An diesem erschütternden Meere habe ich tief gelebt“, schrieb er seiner Ferienwirtin, der Schauspielerin Klara Tiedemann, 1928 ins Gästebuch. Stand ihm der Sinn nach urbanem Austausch, musste der „Zauberer“ nicht weit gehen. Zu den regelmäßigen Gästen der Insel zählten auch die Komponisten Otto Klemperer und Friedrich Hollaender, der scharfzüngige Berliner Theaterkritiker Herbert Ihering und die Tänzerin Valeska Gert, der es auf Sylt so gut gefiel, dass sie später, nach Krieg und Exil, hierher zurückkehrte und blieb, bis sie 1978 in Kampen starb.
Auch die Dichter Max Frisch und Carl Zuckmayer trafen sich hier gern mit ihrem Verleger Peter Suhrkamp, um über Pläne und Visionen oder einfach nur ihren jüngsten Text zu diskutieren. Irgendwann waren dann fast alle da, die in der Kultur Rang und/oder Namen hatten — „Ich werde Dir jetzt überhaupt lieber täglich mitteilen, wer nicht da ist“, schrieb Jacobsohn an Tucholsky „denn das ist die Minorität.“
Und so verwundert es nicht, dass vieles, was in jenen Jahren gedacht wurde — und später von sich reden machte — hier seine Wurzeln hatte. Oder seine Vollendung fand. In dieser weltoffenen, aufgeschlossenen und kreativen Tradition stehen auch die Projekte und Veranstaltungen der Stiftung kunst:raum sylt quelle.