29. August 2011, 20 Uhr
Prof. Robert Schöler
Stammzellforscher, MPI Molekularbiologie Münster
Seit Jahren wird die biomedizinische Forschung mit zunehmender Geschwindigkeit vorangetrieben. Möchte man international mithalten oder gar an vorderster Front bestehen, müssen Forscher schnell sein. Innerhalb nur weniger Wochen ist das, was gerade noch in Spitzenjournalen veröffentlicht werden konnte, nicht mehr von Interesse. Dieses atemberaubende Tempo birgt Gefahren: Der Druck, Ergebnisse zu erzielen und zu veröffentlichen, frisst in den Laboren oft die Zeit, die notwendig ist, um biomedizinische Forschungsergebnisse kritisch zu hinterfragen. Es gibt kaum Zeitraum mehr für das Prinzip von Versuch und Irrtum. Doch davon lebt die Wissenschaft, nicht zuletzt darauf beruht ihre Glaubwürdigkeit. Und um mithalten zu können, fälschen oder verfälschen schwache Charaktere unter den Forscher die Ergebnisse.
Der wohl spektakulärste Fall war der Wissenschaftsskandal des Jahres 2005: Die Universität Seoul wies ihrem weltweit gefeierten Klon-Pionier Woo Suk Hwang nach, dass entscheidende Teile seiner Arbeiten Fälschungen waren. Von einem Durchbruch beim Heilen mit eigenem Ersatzgewebe (therapeutisches Klonen) war fortan keine Rede mehr. Schon damals forderten Wissenschaftler wie der international renommierte Molekularbiologe und Stammzellforscher Professor Hans Robert Schöler (Max-Planck-Institut für Molekularbiologie, Münster), die Forschung zu entschleunigen. Deshalb sind die Stammzellforscher – und nicht nur sie – auf der Suche nach dem richtigen Tempo.
(Angela Grosse)